Bei den hier vorgestellten Veranstaltungen bemühen wir uns, in einer Partnerschaft mit Kindern zwischen technischem Interesse und menschlichem Bedürfnissen, zwischen produktivem Schaffen und auf Verstehen gerichtetem Nachforschen wieder einige in Vergessenheit geratene Verbindungen zu knüpfen. Kein Können wird zum Nachmachen vorgeführt. Hier ist Gelegenheit, die Dinge selbst zu befragen. Es geht um die Schwierigkeiten der Materialbearbeitung von Hand, und gleichzeitig darum, den Kindern ein ungestörtes Einschätzen des tatsächlichen Geschehens zu ermöglichen. Es gibt kein Erklären und keine Wissensvermittlung im herkömmlichen Sinn.
Nun zeigen uns die kleinen Akteure bei derartigen Arbeitsgelegenheiten immer wieder ihre für sie selbst sehr gut passenden Vorstellungen zu dieser Art des praktischen Untersuchens durch Ausprobieren, und bringen hier ihre natürlichen Voraussetzungen ganz unbefangen und kompromißlos ins Spiel. Wenn ich ihr autonomes intelligentes Verhalten betrachte, mit dem sie sich etwas vollkommen Unbekanntes mit verblüffender Leichtigkeit zugänglich machen, erscheint mir Schulunterricht als eine mit argen Mängeln behaftete Erfindung, welche nicht nur die tatsächlichen Interessen und Bedürfnisse der Kinder komplett verfehlt, sondern unter dem Begriff „Lernen“ eine selbstgefällige Diktatur des Wissens eingerichtet hat, die dem dringlichen Wunsch der Kinder, ganz einfach zu probieren und dann selbst zu überlegen wie es dabei zugeht, keinerlei Berechtigung zugesteht.
Der Schule, einer Institution die mit riesigem Aufwand und ohne Bedenken nur ihre eigenen Bedürfnisse befriedigt ist das, was Kinder sich wünschen und einbringen können vollkommen fremd und deshalb auch gleichgültig. Sie vergibt die Noten ja allein für das linientreue Hinnehmen abfragbarer Definitionen und Denkweisen, so wie es der staatlich regulierte Wissens- und Erziehungsplan vorsieht. Unter dem Vorwand: „Das müsst ihr erst noch Lernen!“ wird den Kleinen von Anfang an das Recht und Vermögen zu eigenen Gedanken und Auffassungen abgeschwatzt.
Als verlängerter Arm des Schulunterrichts und dem verordneten Lehrplan ganz gleichgeschaltet bedienen sich auch Parteien, Fernsehen und Werbung bedenkenlos und geschäftsmäßig der Strategie erzieherischer Einflussnahme und ausgetüftelten psychologischen Kalküls. Durch Überschüttung mit schematisch- ideologischen Betrachtensweisen wird eigenes Nachdenken und Widerständigkeit schon im Ansatz niedergehalten.
Bei alldem sind diese selbsternannten Menschenlenker nicht etwa unfähig oder ratlos wie gewöhnlich verharmlosend behauptet, sondern agieren mit voller Kenntnis der destruktiven Ergebnisse, die sie ihres persönlichen Vorteils wegen in Kauf nehmen. Das Streben nach kultureller Entwicklung hat sich unter eben ihrer Hand ins Gegenteil verkehrt, nämlich die widersinnige Behinderung derjenigen Art erfinderischer Intelligenz, die für all das, was wir uns heute als eigenen Verdienst zuschreiben, erst einmal die grundlegenden Voraussetzungen geschaffen hat.
Dass die große Zahl der Studierwilligen nahezu blind in die Bildungsfalle tappen, und dem menschenverachtenden Leitsatz „Wissen ist Macht“ glatt auf den Leim gehen ist offensichtlich. Auf die Tyrannei von Wissenschaftlichkeit und seiner mentaler Beschränktheit sind sie im Schulgetto gut vorbereitet worden. Die widerstandslos hingenommene Dressur läuft darauf hinaus, die zur Lösung gesellschaftlicher Irrtümer und Fehlentwicklungen möglicherweise dienlichen Einsichten akademisch zu verklausulieren und damit uns allen vorzuenthalten. Zur Beschönigung ihrer feigen Anpassung spielen sie sich dann ein wenig mit der von den Autoritäten vorexerzierten, über jeder Anfechtung stehenden, nur auf Zertifikate und Titel gerichteten privilegierten Zuständigkeit auf.
Eine gleichförmig programmierte Weltsicht wird eben schon in der Grundschule planmäßig antrainiert, und dann im weiteren Bildungsgang zu vorgeschriebenen ideologischen Denkmustern und Glaubenssätzen verfestigt. Die lebensnotwendige Korrektur durch Erfahrung war von Anfang an ausgeschlossen, ihre Anwendung mit schlechten Noten bestraft. Was blieb da Anderes, als die Definitionsmacht der Meinungsführer und Bestimmer ohne Widerrede erst mal hinzunehmen, und sich dann auf Dauer gesehen mit den berechenbaren Belohnungen abzufinden. Wäre es sonst möglich, dass studierte Richter und Vertreter der kritischen öffentlich Meinung solche lächerlich simplen Propagandaerfindungen wie „geräteunabhängige Rundfunkgebühr“ für Sinn stiftende Wirklichkeit nehmen, und sich aktuell gegenüber dieser monströsen Schutzgelderpressung des zum Staatsorgan mutierten Fernsehens nicht nur duldsam gefügig zeigen, sondern auch noch diensteifrig aufwendige Rechtfertigungen erfinden? Die Teilhabe am politischen und Kulturellen Leben sei nur durch Fernsehen zu gewährleisten und deshalb für jeden Bürger verpflichtend. Die Süddeutsche Zeitung glaubt in den Widerstrebenden gar notorische „Gebührenmuffel“ erkannt zu haben. Willentlich einen Nachteil zu erleiden soll als tugendhaftes Verhalten gegenüber dem Gemeinwesen gelten.
Unter dem Schutz und Vorzeichen solcher Art intellektueller Abhängigkeit und hilflosem Zuschauens gegenüber totalitären lebensfeindlichen Lenkungsabsichten, haben Regierungen in den letzen fünfundzwanzig Jahren den Weg zu einer Bürgerrepublik planmäßig mit gesetzlichen Hindernissen verstellt. Der selbstbewußte und in seinem Denken unabhängige Bürger ist im Menschenbild der Parteien von links bis Rechts nicht vorgesehen. Bei ihnen zählt nur das Ego und der Machtwille des Berufspolitikers, und weit nachgeordnet dann die als Menschen im Land betitelten Wähler. Und die sollen gefälligst ein Kreuzchen auf das offizielle Zettelchen machen. Ihnen, den aufwändig ins Bild gesetzten Helden des öffentlichen Lebens, verdanken sie schließlich Orientierung, Identität und Halt im Leben.
Sollten wir das ausnahmsweise anders sehen, und den Weg zu einer Republik im Sinne des seinerzeit als vorläufige Verfassung formulierten Grundgesetzes dennoch finden wollen, müssten wir uns so unbefangen wie die Kinder wieder dafür interessieren, was wirklich geschieht und tatsächlich der Fall ist. Die Dressur von Schulunterricht, Rundfunk und Fernsehen weitestgehend zu meiden, das ist die erste und wirkungsvollste Maßnahme um hinterhältigen Machern und Volkserziehern den Einfluss zu schmälern. Allgemein zugängliche Publikationen und Internet bieten ausreichen Material um den jeweiligen Sachstand zu ermitteln und eine unabhängige eigene Einstellung zu finden. Daraus entstünde dann möglicherweise die Aufgabe, so allerhand etablierte Autoritäten und Publikumslieblinge vom Pferd zu stoßen und in einen eher bescheidenen Ruhestand zu versetzen.
Interessanter Weise hat die neuere gesellschaftliche Entwicklung damit etwas nicht voraus zu Sehendes ans Licht gebracht. Sie demonstriert uns nämlich täglich und unmissverständlich das verhängnisvolle Zusammenspiel zwischen wissenschaftlichem Denken und planmäßig organisierter totalitärer Machtausübung. Sozialwissenschaften, Psychologie und Pädagogik liefern Erkenntnisse und Strategien, frei Haus und auftragsmäßig, an eine endlose Reihe von skrupellos agierenden Institutionen, vor denen weder Gesetz noch formell demokratische Einrichtungen einen wirksamen Schutz bieten.
Allein nun um diesen eigennützigen und sachblinden Unternehmungen und Verwaltungsmaschinen neues funktionierendes Menschenmaterial zuzuführen, unterwirft die einheitliche staatliche Erziehung, wie sie heute in nahezu allen Schulformen stattfindet, unsere Kinder generell einer endlos verstörenden und leidvollen Konditionierung. Entgegen allen gut begründeten Einwendungen wird diese systematische Irreführung und Entmündigung durch Bildung weiterhin ausgebaut und mit Hilfe wissenschaftlicher Zuträger perfektioniert. Das natürliche Bestimmungsrecht der Eltern über das in die Welt finden ihrer Kinder wurde vom Gesetzgeber hinterhältig gestrichen und allein der staatlichen Gewalt das oberste Erziehungsrecht und letztliche Verfügung über sie zugesprochen.
Wenn Gesetzgebung, Administration und Rechtsprechung sich darauf verständigen, intelligentes Verhalten und Gewissensentscheidungen ganz nach ihren Lenkungs- und Verwaltungsbedürfnissen zu unterdrücken und zu bestrafen, so bleibt immerhin noch die Möglichkeit, mit praktischen Unternehmungen ganz neue Wege zu eröffnen, und für die davon in krassester Weise betroffenen einen Ausweg zu finden.
Um eine Antwort dieser Art handelt es sich bei der hier vorgestellten Kinderwerkstatt. Klar ist, dass sie einem offensichtlichen Bedürfnis entgegen kommt und gerade deshalb außerordentlich hilfreich wirksam ist, weil hier keine der gut getarnten erzieherischen Absichten unserer staatsbeauftragten Bildungsexperten mit endlos belehrendem Schulstoff und ausgetüftelter sozialer Lenkung zum Zug kommen kann. Wenn es hier einen Lehrer gibt, dann sind es die Werkzeuge und Materialien selbst, mit denen sich die Kinder auseinander setzen. Die Wirklichkeit selbst hat endlich wieder das Wort.
Für dieses neuartige Arbeitsfeld mit allerhand praktischen Erfindungen habe ich den Begriff „Einfachtechnik“ gewählt, und will damit eine naheliegende Möglichkeit aufzeigen, sich der Eigenart der Dinge und ihrer Beziehung zueinander zu vergewissern, und dann dem selbst erarbeiteten Verständnis entsprechend zu Handeln. Auch wenn es dem entgegensteht, was Andere aus Büchern gelernt haben und als anerkanntes Wissen gilt. Mit ihrem spontanen Bemühen, etwas über sich selbst und die lebendige Wirklichkeit der Dinge herauszufinden, sind unsere Kinder hier sehr verläßliche Partner. Es macht ihnen offensichtlich Freude, für das Erproben und Verbessern ihrer Kenntnisse selbst verantwortlich zu sein.
Mein Interesse in dieser Sache ist zufällig und persönlich begründet. Belehrungen mit dem Unterton „du weisst doch“ und „heute wissen wir“ erschienen mir schon von Kindheit an als eine ärgerliche Irreführung. Denn was die Dinge beim handgreiflichen Versuch auf sie einzuwirken uns ganz von selbt mitteilen, das stellt sich zumeist als anschaulicher und leichter zu erfassen heraus, als es schon vorgedachtes und vielfach abgeschriebenes Wissen zu bieten vermag. Genau genommen ist eigene Kenntnis der Sache das Gegenteil von Schulbildung wie auch von Wissenschaft und kann glücklicherweise unmöglich in irgend einer Art von Unterricht gelehrt werden.
Von heute aus erscheint es mir, als ob gerade das Nicht-Zusammenstimmen der aus vergangenen Zeiten stammenden kindlichen Ausrüstung mit dem, was sie in unserer merkwürdigen Welt dann vorfinden, zum Ausgangspunkt außerordentlich wertvoller und lebenserhaltender kultureller Leistungen werden kann. Im Gegensatz zu wissenschaftlichem Denken lassen sich die kleinen Abenteurer nämlich ganz unbeschwert und handgreiflich in einem echten Dialog mit der Welt der Dinge ein, und sind im Stande Verbindungen herzustellen, deren Entdeckung uns selbst vielleicht ganz unmöglich ist. Und dies gerade ganz ohne die Vermittlung einer Lehrperson, die zwangsläufig eine hemmende Kontrolle über kindliche Einfälle und Vorstellungen ausübt. Letztlich braucht es also nicht mehr als spontanes Interesse und eine praktisch produktive Beschäftigung, der man sich ungestört widmen kann, um alles gewohnheitsmäßig verfälschende Vordenken ins Reich der Schatten purzeln zu lassen.
Diese sehr einfache und grundlegende Bedingungen intelligenten Handelns und des Fortschreibens menschlicher Kultur wird natürlich von wissenschaftlicher Seite als den eigenen Berufsinteressen zuwider laufend betrachtet. Folglich ist es auch den studierten Erziehern ganz selbstverständlich, praktisch orientierte Anstrengungen zu unterbinden, sie den Insassen des Schulgettos als unnötig, ja als wert- und sinnlos darzustellen. Stattdessen sollen Bildungsprogramme mit Monologen zur Großartigkeit von Erkenntnissen über die Natur die Kinder gewaltig beeindrucken, für Wirklichkeit gelten und das Nachfragen ausserhalb wissenschaftlicher Systematisierung erübrigen. Auf diese Weise werden tatsächlich wertvolle Einsichten die uns schriftlich überliefert sind unkenntlich gemacht und den praktisch und sachlich Interessierten vorenthalten.
Unglücklicherweise scheint auch die Erwachsenenwelt sich in einer Art kollektiven Vergessens aller einschlägigen und nicht selten wegweisenden kindlichen Erfahrungen mit schulmässigem Lernen nicht mehr erinnern zu wollen. Vielleicht, weil es dem manipulativ konstruierten Weltbild der Macher und Bestimmer doch zu heftig entgegen steht, und sie aus dieser Richtung ja auch immer mit einigen Annehmlichkeiten versorgt werden.
Auf unsere Kleinen im Kindergarten- und Grundschulalter überträgt sich diese Haltung offensichtlich nicht. Hier finden wir immer wieder neu ein interessiertes und unvoreingenommenes Publikum, dem die in der Kinderwerkstatt angebotene unzensierte Begegnung mit Werkzeugen, Materialien und der Intelligenz vergangener Tage sehr willkommen ist und das zur Aneignung dieser sonst so wenig geschätzten Erfahrungswelt sinnfälligen Experimentierens die denkbar besten Voraussetzungen mitbringt.
Drei vorgefundene kindliche Einstellungen zeigen den aktuellen Bedarf und begünstigen in besonderer Weise derartige Unternehmungen: Die Kleinen können interessiertes Untersuchen und Erleben ganz einfach geschehen lassen, stehen kompromisslos zu intelligentem Verhalten und verschaffen sich grundsätzlich Gewissheit durch ausprobieren. Wenn man es zustimmend betrachtet, sind das Arbeitsbedingungen, wie sie sich unsere gefeierte Bildungswelt doch besser nicht wünschen kann. Der Machtwille unerbittlicher Antreiber stößt unsere Lehrer aber in die genau entgegengesetzte Richtung. Als elitäre Kaste von Fachkräften für die Konstruktion von Bildungsbiografien und unentbehrliche Begleiter lebenslangen Lernens sollen sie sich aufspielen. So jedenfalls diktiert es ihnen die akademisch autorisierte Propaganda der staatlichen Bildungs-und Erziehungspläne.
Mittlerweile ist nun bei unseren Werk- und Bauprojekten nicht mehr zu übersehen, wie durchgängig die Kleinen im Kindergarten- und Grundschulalter die Gelegenheit nutzen, um ganz eigenständig mit Hilfe von Werkzeugen und handlichen Gerätschaften die Beschaffenheit der Dinge zu erkunden, und sich als kleine Produzenten zu betätigen. Mir erscheint diese auffällige Neigung, der sie sich ganz unbeschwert und mit Leidenschaft widmen, als ein ihnen auf natürlichem Weg mitgeteiltes kulturelles Erbe, und ich nenne diese fast schon vergessene spezielle Art der Verständigung mit der dinglichen Welt ganz einfach „Werkzeugsprache“.
Um der ausgeprägten Interessiertheit der Kinder in dieser Richtung einen Dienst zu erweisen, muß man ihnen neben der Bereitstellung exzellenten Werkmaterials notwendig noch einen weiteren Schritt entgegen kommen, indem wir schon die Kleinsten von Anfang an in ihrem vollen Menschsein bedingungslos anerkennen. Und im weiteren Verlauf dann auch mit Verständnis Anteil nehmen,wenn die zwangsweise staatliche Erziehung zum sozial kontrollierten pflegeleichten Bildungsabsolventen den Widerstand der Kinder herausfordert. Geht es doch um nicht Weniger, als dem Auseinanderreißen der innigen Verbindung von Intelligenz und Menschlichkeit nicht unwillentlich Vorschub zu leisten.