Wer an ursprünglich intelligentem Verhalten von Kindern seine Freude hat, dem kann der traurige Umstand nicht entgehen, wie der anfängliche Ideenreichtum und Tatendrang unserer Kleinen im Verlauf ihres Schülerlebens einem dramatischen Niedergang unterworfen ist. Vom Übermaß formalen Lernens erdrückt. Erklärendes Unterrichten widerspricht intelligentem Verhalten. Es bringt natürliches Verstehen-Wollen zum Schweigen und auf die Dauer zum Verschwinden. Im Glauben an die Überlegenheit wissenschaftlichen Denkens wird im Schuluntericht beispielhaft vorgeführt, dass fachliche Theorien funktionieren und deshalb auch rechtmäßig darüber bestimmen, was sein darf und was nicht .
Mit ihren spontanen Einfällen, alles praktisch auszuprobieren und sich aus eigenem Vermögen eine Weltvorstellung zu bilden, stehen die Kinder allein gegen den vorgeschriebenen Bildungsgang, der anerkanntes Wissen zu lernen verlangt, eigenes Herausfinden dagegen zur tragfähigen Weltaneignung als nicht brauchbar betrachtet.
Wie die auf dieser Webseite dokumentierten Erfahrungen mit einer sich selbst erklärenden Werkstatteinrichtung zeigen, ist aber gerade das, was die Schule nicht brauchen kann, für die Entwicklung ihrer je einzigartigen Auffassungsgabe ein unentbehrliches Hilfsmittel. Man kann es vielleicht als die angeborene Fähigkeit zu intuitiv dialogischer Verständigung mit Allem was ihnen begegnet bezeichnen. Sobald sie anfangen sich für die Materialbearbeitung mit einfachsten Werkzeuge zu interessieren erweist sich, dass sie ebenso gut wie im sensiblen Verhalten gegenüber allem Lebendigen, auch im wachsenden Verständnis für die dingliche Welt überraschend autonom sind.
Ihre offensichtlich überbordende Lebensfreude und Energie verleiht ihnen das biologische Gedächtnis der Natur. Und bei ungestörtem spontanem Werken wird offenbar, wie leicht auch eine verborgene kulturelle Erinnerung bei passender Gelegenheit ganz von selbst hilfreich ins Spiel kommt. Bei näherem Zusehen kann man den Eindruck gewinnen, dass Kinder gar nicht Alles erst noch lernen müssen, bevor man ihnen die Teilnahme am echten Leben zutraut. Und möglicherweise gibt uns ihr spontanes Denken und einfühlsames Verhalten sogar wertvolle Hinweise auf tatsächlich Fragwürdiges, das wir übersehen und nur aus Gewohnheit unbedenklich akzeptieren.
Aus dieser Sicht haben Kinder ein Recht auf Widerstreben und Schwierigsein. Wir wären gut beraten, dieses Verhalten als hilfreiche Antwort auf Fehleinschätzungen unsererseits zu verstehen. Folglich von Belehren- und Erziehenwollen Abstand nehmen, ihnen besser unsere Erfahrung, Kenntnis und Wissen nur zurückhaltend auf Nachfrage verfügbar zu machen. Ihnen nicht Lernleistungen abzunötigen sondern mit passendem Arbeitsmaterial in praktischen Dingen Raum schaffen für eigenes Herausfinden.
Derartiges zu unternehmen führt in unserer selbstgefälligen Wissenswelt unvermeidlich auf die Frage, ob man sich selbst auch traut, der allenthalben bevorzugten Expertenratio den Anspruch individuellen Verstehens entgegen zu setzen. Oder anders gesagt: sich der ständigen Gängelung eigener Überlegungen durch schulmäßiges Belehren mittels Werbung und Propaganda zu entziehen. Nach Unternehmungen Umschau halten und Dinge in Gang setzen, die zu einem eigenen und besseren Verständnis der Sache verhelfen.
Gut zu wissen: man hat es in dieser Angelegenheit mit einem übergewichtigen Gegner zu tun. Denn es ist Mehrheitsmeinung nicht nur in der Wissenschaft und im ganzen Erziehungswesen: Kinder muß man vernünftiges Denken und itelligentes Verhalten erst beibringen. Was sie sich selbst überlegen und vorstellen ist angeblich ein schwer zu überwindendes Lernhindernis und blockiert den Bildungserfolg.
Nun hat sich allerdings gezeigt, wie unerwartet aufschlussreich und sinnstiftend es ist, wenn wir praktisch werden und uns auf das Terrain der Erkundung einfacher und exzellenter Möglichkeiten der handgreiflichen Materilbearbeitung begeben, mit denen sich Generationen vor uns auch schon auseinander gesetzt haben. Wie so eine Beschäftigung mit Problemstellungen aus vorindustriellen Zeiten aussehen kann, davon wird im Weiteren auf dieser Webseite berichtet.
Die Verbindung zwischen Theoriewelt und praktische Unternehmungen erscheint aktuell allerdings in schwer zu behebender Weise gestört, indem nämlich Schulbildung an die Stelle des schwierigen immer wieder neu zu erarbeitenden Verstehens das Übernehmen vorgefundenen Wissens setzt. Trotz oder besser wegen ausgewiesener Wissenschaftlichkeit erzeugen hoch ambitionierte Bildungsideale einen fatalen Mangel an sachlichem Verständnis und intelligentem Verhalten. Natürlich, Wissen schafft Verfügungsmacht. Aber diese löst entgegen allen Erwartungen weder individuelle noch Menschheitsprobleme.
Bei uns in Deutschland wurde die Tyrannei des Lernen-Müssens erfunden, und wir werden über die ganze Stufenleiter der schulischen Erziehung auf ein monologisches theoriegläubiges Denken konditioniert. Wie unvermeidlich diese Fehlorientierung auch eine Diktatur der Macht und des Geldes nach sich zieht, das erleben wir gerade. Sind wir da nicht herausgefordert, nun endlich mal Unternehmungen auf den Weg zu bringen, die den mittlerweile umfänglichen Schaden für die Gesellschaft zu beheben versuchen? Ja, warum gibt es eigentlich nicht schon längst ein Netzwerk selbsterklärender Werkstätten, wo Kinder ihrem Talent und der Freude am eigenen Herausfinden ungehindert folgen können ?
Es erscheint sinnvoll, mit der Entschulung unserer Lebenumstände dort zu beginnen, wo das Versehenwollen noch lebendig ist und nicht durch die Gewohnheit des Lehrens und Lernens schon verdrängt wurde. Sicher wäre es bei den Kindern sehr willkommen, wenn wir sie in das produktive Geschehen der Gesellschaft einbeziehen, sobald sie sich dafür interessieren. Lassen wir sie doch ausprobieren, was sie sich selbst überlegt haben. Denn Gedanken und Vorschläge zu allem was ihnen begegenet, äussern sie ja ständig, ohne dafür Beachtung zu finden.
Die hier zusammengetragen Texte und Bilder zeigen den für die Kinder selbstverständlichen Dialog mit den Dingen selbst. Nicht daran, was uns die theoretische Erkenntnis vorgibt, sondern an dem was wir praktisch und ganz persönlich in Erfahrung bringen, könnten auch wir wieder anfangen uns zu orientieren. Es ist eine Gabe der Kinder, sich etwas Fragliches ganz aus eigenem Vermögen verständlich zu machen, und dabei ganz nebenbei auch uns auf den Wert persönlichen Herausfindens wieder aufmerksam zu machen.